Über den Prozess zur Arbeit „crisscross oder Langzeitstabilität durch regelmäßige Nullpunkteinstellung“
Peter Kozek, 2012
Die Einladung zu dieser Arbeit freut uns zwar, erreicht uns aber zu einem Zeitpunkt, wo wir eigentlich eine Pause im gemeinsamen Arbeiten geplant hatten. Wie der zweite Teil des Titels sagt, ist eine Art Entleerung immer wieder wichtig. An diesem Punkt sind wir derzeit angelangt. Wie können wir dennoch die Aufgabe bewältigen eine neue und für Panik4 spannende Performance zu entwickeln?
In unseren vergangenen Arbeiten finden sich immer wieder Motive, die das paarweise Agieren verbildlichen. Zwar war das bisher kein dezidiertes Thema für eine Arbeit, aber wenn wir zurückblicken, sind es immer wieder Formen des Duos, Konstellationen und Choreographien, in denen der eine dem anderen als ergänzender Widerpart, spiegelbildliches Vis á Vis oder ausgleichendes Balance-Element gegenübergestellt ist. Manchmal geht es so weit, dass der eine den anderen als künstlerisches Material zur Verfügung hat – sei es im Austauschen von Haaren, im Ohr-an-Ohr-aneinander-Liegen den Kopf auf der Schulter des jeweils anderen oder im Abzapfen von Urin des einen vom anderen innerhalb einer stundenlangen Performance-Schlaufe. Gemeinsames Schaukeln, zu zweit ein einziges Performance-Monster darstellend oder nackt auf zwei sich gegenüberstehenden Steinskulpturen gegeneinander reitend – diese und viele ähnliche Bilder finden sich in unserem Archiv. Sie alle sind auch Ausdruck des Dilemmas zu zweit auch allein zu sein, sein zu müssen und zu wollen - performative Duette, die manchmal eben auch verdeckte Soli sind.
Gerade jetzt, wo wieder einmal eine Pause vom zu zweit sein angesagt ist, wo der Blick zuerst auf sich selbst wieder wichtig ist, das Abstand Nehmen, eine Neuordnung der eigenen, vom anderen unabhängigen Sichtweise, um dem gemeinsamen Arbeiten jene Langzeitstabilität zu ermöglichen, sollen wir uns eine Performance ausdenken, die uns als Duo im Solo zeigt oder umgekehrt jeden einzelnen von uns solo im Duo.
Eigenartigerweise haben wir – obwohl wir getrennt voneinander über Möglichkeiten für Panik4 nachgedacht haben, beide die Idee gehabt den Bandltanz aus „Kompositum I / Hobagoaß“ zu verwenden. Vielleicht weil dessen einfache Elemente uns in dieser Situation erlauben getrennt voneinander zwei Positionen an einem Abend in einen Ablauf zu bringen. Weil das lange Seil uns doch verbindet, jederzeit aber auch durchtrennt werden kann, uns für diesen Abend an den Raum bindet, auch aneinander fesselt und wir uns durch das Eindrehen um uns selbst uns dem anderen nähern und so wieder gemeinsam zu zweit davontanzen ...
Wir wissen es im Augenblick nicht – über den Prozess zur Arbeit können wir jedenfalls nur sagen, dass uns eben diese Fragen derzeit ständig begleiten, aufreiben und fast quälen – solange jedenfalls bis wir uns im Jänner mit unserem langen mitgebrachten Seil an den Ort binden, dort proben, jeder mit anderen mitgebrachten Bildern, Tönen und Bewegungen bis zum Eindrehen und Verschwinden am 19. und dann ...
Im Moment ist der Prozess das Vorhaben und der Rückgriff.